Es gibt Menschen, die "verdienen" sich ihre Lebensbeschreibung. Sie haben eine akademische Laufbahn beschritten, Bücher geschrieben, oder sie sind in anderer Weise öffentlich hervorgetreten. In diesem Falle gibt es immer auch Zeitgenossen, die sich fragen: Wir kennen sein Werk, aber wie hat der Mensch gelebt, der es geschaffen hat?
Unter diesem Gesichtspunkt habe ich keinen Grund, mein (bisheriges) Leben darzustellen, denn abgesehen von Beiträgen in einigen thematisch eng begrenzten Internetforen sowie ingestalt einiger Webseiten habe ich fast nichts veröffentlicht; und abgesehen von meiner Zeit in Afrika, genauer in Benin, wo ich als Transporteur mit allerdings vielen Menschen zu tun hatte, habe ich auch nie einen wirklichen Beruf ausgeübt.
Es gibt aber noch mindestens einen anderen Grund, eine Lebensbeschreibung zu geben. Der liegt, umgekehrt als im obigen Beispiel, vielmehr darin, daß ein Leben auf diese Weise überhaupt erst Bedeutung gewinnt. Denn so, wie es Menschen gibt, die "sich ausleben", das heißt in ihrem öffentlichen Wirken aufgehen, in ihrer Beschreibung dann aber eher unergiebig bleiben, - so gibt es umgekehrt Menschen, in denen erst durch eine Beschreibung, vor Allem durch ihre Selbstbeschreibung, zur Geltung kommt, was in ihnen angelegt ist.
Der vorliegende Versuch einer Autobiographie ist daher ein Versprechen, und zwar zunächst an mich selbst. Von Kindheit auf hatte ich nämlich lange Zeit, ja habe ich immer noch das Gefühl, nicht nur einmalig zu sein - das sind wir ohnehin alle -, sondern bedeutender zu sein, als ich erscheine. Nun muß sich erweisen, inwieweit das stimmt! Es wird sich also auch um eine öffentlich gemachte Selbstprüfung handeln.
Was die Unterseiten "Geschichten" und "Gedanken" betrifft, so habe ich bzw. werde ich nur solche Texte aufnehmen, die zum Zweck der Lebensbeschreibung etwas beitragen, insofern sie meine Entwicklung verdeutlichen. Sie sind also, anders als die Beiträge, die ich in "MannPassAuf!" veröffentliche, älteren Datums.
In dieser Darstellung ist der Lebenslauf in 7-Jahres-Perioden eingeteilt. Damit folge ich einer Tradition, die ich nicht nur - in meinem Fall - durch die eigene Beobachtungen bestätigt finde, sondern die in unserer Zeit auch durch "Nicht-Vorbelastete" angewandt wurde, zum Beispiel durch Ferry Porsche, dem Sohn von Ferdinand Porsche. Er stellt zu Beginn seiner Lebensbeschreibung klar, daß sein Leben sich zwanglos in 7-Jahres-Perioden einteilen läßt. Porsche ist natürlich nur ein Beispiel.
Eigenständig begründet wurde diese Sichtweise durch R.Steiner. Er ordnete die 7-Jahres-Perioden den Planeten zu. Dabei fällt auf, daß die Spanne zwischen 21-42 Lebensjahren einen homogenen (in obiger Grafik gelb ausgefüllten) Bereich darstellt. Hier entfaltet sich - in den drei Stufen der Empfindungs-, Verstandes- und Bewußtseinsseele - das Ich; seine symbolische Entsprechung ist die Sonne. Die planetarischen Stufen davor und danach stehen in einer Art Symmetrie zueinander. So "spiegelt" sich die Periode 0-7 (Mond) in der Periode 56-63 (Saturn); die Periode 7-14 (Merkur) in der Periode 49-56 (Jupiter) und die Periode 14-21 (Venus) in der Periode 42-49 (Mars).
Dies sollte man freilich nicht zu schematisch und auch nicht allgemeinverbindlich nehmen. An meinem Lebenslauf beobachte ich, daß ein "neues Thema" regelmäßig nicht am Anfang einer Siebenjahres-Periode einsetzt, sondern erst in deren Mitte, also mit einer Verzögerung um jeweils dreieinhalb Jahre - sofern überhaupt etwas Neues einsetzt. Diese mehr subtilen Vorgänge habe ich in der Grafik unten, also "auf der Nachtseite des Lebens" eingetragen. Oben erscheint "die Tagseite", somit das, was sich in äußeren Ereignissen niederschlägt.
Ebenso scheint der Mondknoten-Rhythmus sich individuell auszuwirken. Bei mir hat er ganz offensichtlich mit Prüfungen bzw. Ausbildungs-Abschlüssen zu tun. So verließ ich mit knapp 19 Jahren die Schule (was freilich ziemlich normal ist), war mit 37 Jahren in der Mitte meiner zweijährigen Berufsausbildung (was schon nicht mehr normal ist), und machte ein Jahr vor dem dritten Mondknoten mein Abitur. Eines werden Sie jetzt sicher erkannt haben, nämlich, daß ich ein ausgesprochener Spätentwickler bin. Nehmen Sie das zum Trost, falls Sie ein Kind haben, von dem alle Welt Ihnen "vorhersagt", daß aus ihm niemals etwas wird!
Zur Familienforschung hier noch meine vorläufig letzten Ergebnisse.
Mein Urgroßvater, der Böttchermeister (oder: Arbeiter) Carl (oder: Karl) Wilhelm Christoph Lentze (19-10-1800 bis 27-4-1870), heiratete am 7-2-1836 seine erste Ehefrau, Emilie Luise Adelheid geb. Oppermann, geboren 3-1-1815 in Magdeburg, gest. 13-3-1848 an Schwindsucht. Mit ihr hatte er mindestens folgende Kinder:
11-4-1836 Emma Friederike Christine,
20-3-1837 Eduard Carl Theodor,
15-9-1838 Anna Amanda Florentine,
15-7-1840 ... Marie Louise Emilie,
12-8-1842 Emilie Henriette Caroline Anne,
14-2-1846 Carl Albert Adolf (mein Großvater).
Am 17. Juni 1849 heiratete er die 32-jährige Johanna Friederike Henriette Hellmann, geboren zu Magdeburg am 22-12-1816. Mit dieser hatte er mindestens folgende Kinder:
23-6-1850 "todtgeborener Sohn",
9-11-1851 Beathe Johanna Henriette.
Daneben gab es in Magdeburg-Neustadt, Gemeinde St.Nicolai, andere Lentzes, die ich bisher nicht zuordnen konnte.
Der Viehhalter Georg Peter Lentze, genannt "Köhler", hat mindestens folgende Kinder:
4-10-1846 August Wilhelm Theodor,
16-1-1849 Wilhelm Carl Louis.
Der Schuhmacher Johann Adolph Heinrich Carl Lentze hat mit seiner Ehefrau ...Henriette Juliana geb. Rolle mindestens folgende Kinder:
24-7-1853 Gustav Adolph, gest. 3-4-1874,
20-4-1855 Anna Frierike,
23-7-1858 Carl Otto, konf. 1872,
14-6-1863 Friedrich Wilhelm,
Der Zimmermann Friedrich Wilhelm Lentze hat mit seiner Ehefrau Alwine Luise geb. Siegel mindestens folgende Kinder:
14-6-1863 Friedrich Wilhelm,
28-9-1865 Victoria Josephine Luise Alwina,
30-3-1873 todtgeborene Tochter,
8-3-1874 Walter...Alfred.
Der Maurer Carl Heinrich Lentze hat mit seiner Ehefrau Louise Augusta geb. Böttger mindestens folgende Kinder:
5-7-1863 Carolina,
7-9-1867 todtgeborener Sohn.
Der Arbeitsmann Lentze hat mindestens folgendes Kind:
Julius Friedr. Wilh., konfirmiert 24-9-1863.
Der Weber Lentze hat mindestens folgendes Kind:
Max, konfirmiert 1853.
Geboren sind in Magdeburg-Neustadt, Gemeinde St.Nicolai, nach meinen Recherchen u.a. die folgenden Lentzes, die ich bisher nicht zuzuordnen weiß:
1779 Johann Friedrich,
1805 Marie Elisabeth,
1805 Franz Gustav,
1808 Martin Jacob Christoph,
1840 Marie Louise Emilie,
1840 Friedrich Wilhelm,
1841 Friedrich Wilhelm,
1842 Emilie Henriette Caroline Anne,
1844 Johanne Wilhelmine,
1846 August Albert Theodor,
1863 Friedrich Wilhelm Alwin.
Getauft wurden folgende Lentzes, die ich nicht zuzuordnen weiß:
1772 Peter Jacob (25-7, Eltern: Jacob Lentze, Maria Charlotte Vormüllern),
1772 Wilhelm (28-7, Eltern: wie oben),
1779 Johann Friedrich,
1800 Marie Catharina Dorothea,
1802 Catharina Dorothee Elisabeth.
Gestorben sind folgende Lentzes, die ich nicht zuzuordnen weiß:
1802 Lentze geb.Willmann,
1807 Marie Dorothee Sofie,
1809 Jacob Martin Christoph,
1827 Jacob Heinrich,
28-1-1849 Johann Gottlieb Jacob Lenze (80-jährig, ohne "t")),
1-4-1864 Dorothea Lentze geb. Quednow (66-jährig),
18-3-1866 Heinrich Andreas (70-jährig + 8 Monate 10 Tage)
Trauungen:
1769 Lentze, Johan Jacob, Bürger und Arbeitsmann, 39 Jahre - mit Jgfr. Sophie Elisabeth Lehmann [?],
1787 Lentze - Büßen,
1798 Lentze - Neubauer,
1827 Lentze - Lachtin,
1830 Lentze - Köhler,
1836 Lentze, Catharina Dorothea Elisabeth - Berner, Johann Friedrich.
Ersten Ergebnissen eines DNS-Tests zufolge gehört meine väterliche Linie der Haplo-Gruppe I1 (M253) an. Die Angehörigen dieser Gruppe sollen vor etwa 15.000 Jahren, nach dem Ende einer Eiszeit, ins nördliche Europa eingewandert sein. Hier erschien der genetische Marker M253 zum ersten Mal.
Genetische Analysen dieser Art können hilfreich sein, wenn man mit der Stammbaumforschung ins Stocken kommt. Es gibt die Chronik des alten Adelsgeschlechtes derer von dem Lentcze nebst den bürgerlichen Abzweigungen der Lenz (Lentz, Lentze), verfaßt von Heinrich Kypke, erschienen im Jahre 1904. Die Namenslinie wird dort bis auf eine Persönlichkeit zurückgeführt, die um das Jahr 1000 gelebt hat. In diesem Werk konnte ich aber meinen Großvater und Urgroßvater namentlich nicht finden. Das mag ganz einfach daran liegen, daß es sich um einfache Handwerker handelte, die als solche nicht bevorzugt registriert wurden.
Nun ist natürlich aber auch möglich, daß einer meiner Vorfahren ein untergeschobenes, ein "Kuckucks"-Kind gewesen ist und die wahre väterliche Linie sich unter einem anderen Namen in der Vergangenheit fortsetzt. Mit Hilfe von Namensprojekten, die den genetischen Projekten angeschlossen sind, läßt sich das manchmal herausfinden.
Für die mütterliche Linie habe ich ebenfalls eine genetische Untersuchung in Auftrag gegeben. Das erste Ergebnis besagt, daß es sich um die Haplogruppe H handelt.
Abschließend hierzu möchte ich meine Meinung zum Ausdruck bringen, daß in der Namensträgerschaft durch den Vater - nicht der Mutter - eine tiefere Bedeutung liegt. Valentin Tomberg äußert in seinem Werk "Anthroposophische Betrachtungen über das Neue Testament und die Apokalypse", 1991², im Rahmen seiner Erörterung des in Joh. 4,46-54 erwähnten Heilungswunders, daß
das Ich und der physische Leib des Vaters und
der astralische Leib und der ätherische Leib der Mutter
den Vererbungsstoff, welcher von den Kindern aufgenommen wird, darstellen.
Dabei geschieht diese Aufnahme in umgekehrter Ordnung -
das Ich des Vaters beeinflußt die physische Organisation des Kindes und sein physischer Leib beeinflußt die Ich-Organisation;
desgleichen liefert der astralische Leib der Mutter das Vererbungs-Modell für den ätherischen Leib des Kindes und ihr ätherischer Leib ist ein solches für seine astralische Organisation.
Wenn daher in der Bibel nur die Rede von den "Sünden der Väter" ist, welche an den Kindern heimgesucht werden, nie aber von den "Sünden der Mütter", so ist das eben durch die Tatsache zu verstehen, daß es das Ich ist, welches "sündigt" und daß das Ich des Vaters, nicht der Mutter, bei der Vererbung maßgebend ist.
Aus diesem Grunde spricht auch die Bibel von Adam als dem Urheber der Sünde, nicht aber von Eva - denn für die Vererbung der Sünde ("Erbsünde") kam es nicht darauf an, durch wen die Sünde ermöglicht wurde, sondern nur darauf, wer tatsächlich gesündigt, d.h. wessen Ich sich an der Sünde beteiligt hatte. Somit ist die biblische Bezeichnung der Erbsünde als dem Erbe des "alten Adam" durchaus berechtigt und in viel genauerem Sinne wahr, als die nebulosen theologischen Begriffe der Gegenwart anerkennen.
An anderer Stelle, bei seiner Besprechung des Vaterunsers, äußert Tomberg sich wie folgt:
Nun ist das Ich dasjenige, was die ureigenste Wesensbeschaffenheit des Menschen bedeutet. Das Ich des Menschen ist sein wahrer Name im Kosmos.
Es ist wohl klar, daß man unter diesen Voraussetzungen den väterlichen Namen nicht leichtfertig gegen einen anderen Namen, etwa den Mutternamen, austauschen wird. Vatername und Muttername sind genealogisch nicht gleichwertig!
Viele Astrologen - oder sind es gar die meisten? - verfahren mit der Deutung eines Geburtshoroskopes so wie die Zeugen Jehovas mit der Bibel: Sie finden immer etwas, das zum fraglichen Menschen bzw. zum fraglichen Thema irgendwie "paßt". Nach Jahrzehnten der astrologischen Beschäftigung und zunehmender Skepsis muß ich nun sagen, daß zumindest einige Elemente des Horoskopes doch recht gute Ansatzpunkte für eine Beurteilung seines Trägers bieten. Das sind z.B. Sonnenzeichen und Aszendent (letzteren, sofern man ihn sicher berechnen kann) für Körperbau, Krankheitsdisposition und Physiognomik.
Als das mit Abstand ergiebigste Element hat sich mir jedoch die Position des Mondknotens in Zeichen und Feldern herausgestellt. Hiervon handelt etwa das Buch "Karmische Astrologie 1. Die Mondknoten und Reinkarnation" von Martin Schulman. In allen Fällen, wo ich eine mir gut bekannte Person mit dem verglichen habe, was Schulman über die entsprechenden Mondknotenposition aussagt, kam das Lebensthema dieser Person treffend zum Ausdruck. Das gilt sogar für den Fall, daß nur die Zeichenposition bekannt ist. Und dies wiederum ist erstaunlich, weil der Mondknoten sich immerhin anderthalb Jahre Zeit nimmt, um ein Sternzeichen zu durchlaufen. Es gilt also das Deutungsmuster dann jeweils für sehr viele Menschen; anders gesagt, es ist wenig individuell - und dennoch "gibt es etwas her". Das erweist sich, wenn man versuchsweise eine andere Mondknotenposition heranzieht: Dann paßt die Beschreibung nicht mehr zum Menschen. Soweit meine bisherige Erfahrung.
Schon R.Steiner, obwohl sonst nicht mit Astrologie befaßt, hat dem Mondknoten eine biografische Bedeutung beigemessen und die Beobachtung seiner Rhythmen den Waldorflehrern anempfohlen. Rhythmen, das meint die Konjunktionen, also die Wiederkehr derselben Tierkreisposition alle 19 Jahre, und z.B. die Oppositionen, also die Wiederkehr des halben Zeitraums nach etwa 9 Jahren. Viele Kinder machen dann eine Krise durch. Jedoch scheint die Auswirkung oder das Thema von Mensch zu Mensch verschieden zu sein. In meinem Fall ist das Thema offensichtlich "Schulische Prüfung und Ausbildungsabschluß", wie oben schon erwähnt.
Man sollte den Rhythmen auch dann Beachtung schenken, wenn man sie nicht gleich zu deuten weiß. So ist mir eine erstaunliche rhythmische Parallele zu meinem Vater aufgefallen: Beide haben wir unser erstes Kind (in meinem Falle das einziges Kind) im Alter von 47 Jahren und etwa 11 Monaten zur Welt kommen sehen. Nachdem mir das einmal aufgefallen war und ich darüber nachzudenken begann, kam ich darauf, daß es sich um die Zeitspanne handelt, die der Jupiter für vier ganze Umläufe braucht, und zwar gerechnet von der Geburt des Vaters bis zur Zeugung - nicht der Geburt! - des Kindes. Vielleicht würden viele Menschen, wenn sie nur einmal auf derartige Zusammenhänge achteten, vergleichbare Beobachtungen machen.
Zuletzt möchte ich anmerken, daß mir in meiner eigenen Biografie "knallharte" Zusammentreffen von Konstellation und Ereignissen vorgekommen sind, die, im Sinne der Wahrscheinlichkeitsrechnung, es nicht erlauben, als bloße Zufälle abgetan zu werden. Über ihren praktischen Wert ist damit freilich noch nichts gesagt. Zwar konnte ich zurückliegende Ereignisse damit oft bestens "erklären", niemals aber voraussagen. Es ist sicher ein Unterschied, ob man Astrologie kommerziell betreibt - was einschließt, daß man Erwartungen seiner Kunden zu erfüllen hat -, oder ob man sich aus Wahrheitssuche und mit der gebotenen Skepsis damit beschäftigt.
Meiner Ansicht nach lassen sich die Vorstellungen von Re-Inkarnation im Wesentlichen zwei Modellen zuordnen:
Auf der einen Seite das Modell, wie Gotthold Ephraim Lessing es am Ende seines Werkes "Die Erziehung des Menschengeschlechtes" (1780) entwickelte;
auf der anderen Seite das "Modell", besser: die Gewißheit, wie sie bei Naturvölkern weithin angetroffen wird.
Das erste, typisch mitteleuropäische Modell (vgl. hierzu E.Bock, "Wiederholte Erdenleben. Die Wiederverkörperungsidee der deutschen Geistesgeschichte") erkennt eine weitgehende Selbständigkeit der als ewig gedachten Individualität gegenüber den Erblinien, in welcher es sich jeweils einkörpert. Der Mensch, so Lessing, habe viel zu viele Möglichkeiten in sich, als daß er sie in einem einzigen Erdenleben alle entfalten könnte. Um sie auszuleben und sich daran zu entwicklen, bedürfte es seines Auftretens in möglichst vielen verschiedenen Zuständen - in verschiedenen Rassen, Weltgegenden, Epochen; mal als Mann, mal als Frau. - R.Steiner hat dann dieses Modell durch seine eigenen Forschungen (genauer: was er als Ergebnisse eigener übersinnlicher Forschung ausgab) bestätigt und an zahlreichen historischen Persönlichkeiten veranschaulicht. Siehe hierzu die Vortragsreihe von 1924 unter dem Titel: "Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge".
Das zweite Modell beinhaltet einen engen Zusammenhang von Individualität (oder "Seele" oder "unsterbliches Ich") und Erblinie. Die Vorstellung einer Entwicklung der sich wiederverkörpernden Seele liegt ihm fern. Demgemäß sind die Intervalle zwischen den Verkörperungen sehr kurz; so verkörpert sich z.B. der kürzliche verstorbene Großvater in seinem Enkel. Und so wie die Verkörperten immer etwas mit der "Geistwelt" verbunden bleiben, so bleiben die Verstorbenen den Lebenden immer nahe, sodaß eine fortwährende Kommunikation stattfindet. Ausnahmen bilden in diesem Modell die führenden Persönlichkeiten: Sie gehen angeblich für immer ins Jenseits ein; das heißt, daß der hellsehende Blick nicht die Kraft hat, sie in ihrem Gang in andere Kulturkreise - und in ihrer Evolution - zu verfolgen.
Für mich ist die Wiederverkörperung zur Gewißheit geworden. Ich sehe das Leben, das ich hier beschreibe, insofern nur als den Teil eines größeren Ganzen. Ob einem diese Idee Vorteile bringt, ist unter Anderem wohl eine Frage der Zufriedenheit mit dem eigenen Schicksal. - Umgekehrt beeinflußt sie das Leben. Wer der Meinung ist: "Wir leben nur einmal", der wird sich mit vertanen Chancen und versäumtem Glück schwerer abfinden. Wer zudem nicht einmal an ein Fortleben als Geistwesen glaubt, der wird vielleicht sogar Verbrechen begehen, wenn er sich eine genügende Wahrscheinlichkeit ausrechnen kann, auf Erden nicht zur Rechenschaft gezogen zu werden.
Zu meiner eigenen Enttäuschung - hoffentlich nicht auch zu Ihrer! - muß ich Ihnen sagen, daß ich keine klaren Vorstellungen von eigenen früheren Verkörperungen habe. An gewissen Stellen werden Sie allerdings begründete Vermutungen eingestreut finden. Jedenfalls bilden die Vorstellungen von einer "horizontalen" Abstammung (der Erblinie) und einer "vertikalen" Herkunft zwar ein Kreuz, aber keinen Widerspruch. Übrigens bilden sie auch keinen Widerspruch zum christlichen Glauben, höchstens zu kirchlicher Dogmatik.
In seinen Buch "Anthroposophische Betrachtungen über das Neue Testament und die Apokalypse" (1938, 1991²) erläutert Valentin Tomberg unter Anderem die Zeichentaten bzw. Heilungswunder Christi. Über die Stelle Joh. 4,46-54 schreibt er sinngemäß:
Die fieberhafte tödliche Erkrankung des Sohnes hat ihre Ursache im Vater. Dieser ist königlicher Beamter, hat also aus Gründen der Loyalität seinen Eigenwillen zu unterdrücken. Das bedeutet Ich-Schwäche. Diese wird vererbt als physische Schwäche beim Sohn, und zwar ingestalt einer Unfähigkeit des Blutes, als Träger der Ich-Organisation zu wirken. Das führt zur Komplikation des Fiebers, und dies bis an die Grenze des Todes.
Nun aber appelliert Jesus an den Glauben, d.h. an die Ich-Kraft des Vaters. Dieser entschließt sich zum Glauben, und im selben Moment erfolgt die Heilung des Sohnes: Die Ursache in der Vergangenheit, also die Erblast, wurde rückwirkend aufgehoben. Das Buch enthält dazu eine Zeichnung, die ich, etwas verändert, hier wiedergebe (oben rechts).
Im zweiten Falle beruht der Fehler nicht auf physische Vererbung, sondern auf Re-Inkarnation. Diese Stelle, Joh. 5, 1-16, erläutert Tomberg wie folgt:
Die schon 38 Jahre währende Lähmung des Mannes, der, obwohl an einem heilsamen Teich liegend, niemanden findet, der ihn beim Erscheinen des Engel ins Wasser hebt, führt zurück auf eine frühere Verkörperung seiner selbst. Damals war er ein Mensch gewesen, der, genau umgekehrt wie im obigen Falle, übermäßig ich-betont zu handeln pflegte. Eigensinn und Unwillen, auf Andere zu hören, war zu sehr ausgeprägt. Nicht grundlos liegt er jetzt in einem Haus mit fünfstrahligem Grundriß, denn die 5 ist die Zahl der Persönlichkeit.
Nun aber fragt Jesus ihn, ob er gesund werden, also sich helfen lassen will. Seine nunmehr erlangte Demut erlaubt ihm, zu bejahen, und im selben Moment ist er geheilt. Jesus gibt ihm noch auf den Weg: "Sündige hinfort nicht mehr!", womit als Ursache seiner Krankheit nur der Mißbrauch der moralischen Freiheit, also aus dem Ich heraus, infrage kommt. Das unsterbliche Ich aber ist es, das sich wiederverkörpert.
Hierzu findet sich im Buch keine Zeichnung, aber ich gebe hiermit eine solche (rechts oben), welche den Vorgang einigermaßen richtig darstellen dürfte.
Somit handelt es sich gewissermaßen um eine "Reinkarnations-Therapie". Dieses Wort gab es allerdings noch nicht, als Tomberg seine Darstellung verfaßte.