Persönliche Seite von T.R.E.Lentze

Internat in Laubach (1965-1969)

Diese Unterseite wurde ins Netz gestellt am 22-5-2011.
Letzte Bearbeitung am 29-5-2011.

In den ersten Januartagen des Jahres 1965 reiste ich in Begleitung meiner Mutter nach Laubach/Oberhessen. Mein Ziel war das GFM-Alumnat, eines der drei Wohnheime für Schüler der Paul-Gerhard-Schule, welche von der Evangelischen Kirche verwaltet wurde. Ich entsinne mich noch ein wenig an das Aufnahmegespräch mit Herrn und Frau Clausen, auch an ihren Sohn Karl, der bereits die Schule hinter sich hatte. Er lächelte mich freundlich an, aber ich war so verunsichert, daß ich seinem Anblick auswich.

Auf Klassenfahrt

Eine gewaltige Umstellung. Nicht nur war ich von Natur ein Einzelgänger; ich hatte auch mit dem Leben in der Gemeinschaft bis dahin keine Erfahrung gehabt. Zudem war ich ein Träumer, der wenig Lust hatte, irgendwelche Anpassungsleistungen zu vollbringen. So fühlte ich mich zunächst nicht nur vollkommen fremd, sondern in eine geradezu feindliche Gegend versetzt. Auf diesen Gefühlseindruck antwortete ich mit einer demonstrativ ablehnenden Haltung. Ein Kamerad sagte mir, ich hätte in der ersten Zeit auf jeden von ihnen so finster geblickt, als hätte der einen nahen Verwandten von mir ermordet.

Altersgemäß lebte ich in einem Zimmer mit zwei Doppelbetten, das heißt, wir waren zu viert, und wir hatten uns einander nicht aussuchen können. Das galt übrigens auch für die Tischordnung bei den Mahlzeiten. Jeder Tisch hatte acht Plätze, und jedem von uns war ein bestimmter Platz zugewiesen. Mit einem der Zimmerkameraden kam ich schnell ins Gespräch; wir hatten einige gemeinsame Themen. Er stand sich aber mit den beiden anderen nicht so gut, was dazu beitrug, daß auch ich es nicht auf ein gutes Auskommen mit ihnen anlegte. Diesen Willen hatte ich schon aus Prinzip nicht, denn innerlich opponierte ich gegen meinen Aufenthalt. Die Absicht, mir durch irgendwelche Konzessionen Freunde zu schaffen, lag mir fern.

Lachend

Das Bild rechts dürfte diese Oppositionshaltung wohl gut darstellen, obwohl es erst später auf einer Klassenfahrt aufgenommen wurde. Ganz rechts die Klassenlehrerin.

Mit der Zeit wich diese Opposition von mir. Karl Clausen, der Sohn des Leitungs-Ehepaares, hatte einmal geäußert, daß er ein Jahr gebraucht habe, um sich mit dem Dasein im Alumnat anzufreunden; solange dauerte es bei mir auch. Man sah mich jetzt auch lachen, allerdings verkrampft. Es kam eine Zeit, wo ich bei Tisch sehr häufig fast zwanghaft lachen mußte, mich dessen aber gleichzeitig genierte, so daß ich den Kopf senkte und schnell die Hand vor dem Mund hielt. Auf die Anwesenden wirkte das teilweise ansteckend, aber vor Allem für die Älteren wohl eher irritierend.

Auf dem Bild links sehen Sie mich in unverkrampfter Erheiterung; das war allerdings zuhause, im Jahre 1967.

Im Nachlaß meiner Mutter fand ich einen Brief an sie - zugleich an meinen Bruder, "Wölfi" genannt -, den ich nach wenigen Tagen meiner Ankunft im Alumnat geschrieben hatte. Ich bringe ihn nachfolgend im vollen Wortlaut, weil er, nunmehr zu meiner eigenen Erheiterung, die Angeberei und Aufsässigkeit des Pubertierenden zum Ausdruck bringt. Wenn ich darin schrieb, daß es mir gut ginge und alles bestens sei, dann wollte ich meiner Mutter nur "beweisen", daß ich auch ohne sie zurechtkäme. Die Datumsangabe ist natürlich falsch: Es war Januar 1965. Auch andere Fehler habe ich nicht korrigiert. Die Abkürzung "i.I." im ersten Satz bedeutet "im Internat".

 

10.1.1964 n.Ch.

Tag, ich will euch mitteilen, wie es hier ist (i.I.). Am 8.1. hab' ich mich bereits voll eingelebt. Mir gefällt es hier außerordentlich - die Gründe will ich nun sagen. Zunächst aber: Ich habe mir bisher kein einziges Mal die Haare gekämmt, keinmal mit Seife gewaschen, das Gesicht auch noch nicht, die Hände bloß damit mein Buch sauber bleibt. Das hab' ich bis jetzt sehr gründlich durchstudiert. Gleich am ersten Tag hab ich die alte Leinenhose angezogen und anbehalten, nur heute hab' ich sie gegen die aus Stoff ausgewechselt. Davon abgehen ist sonst die Kleidung dieselbe. Tagsüber gehe ich in meinem Zimmer und in allen Fluren abwechselnd auf- und ab, keinen stört's. - Das Essen ist vorzüglich. Morgens Müsli etc., manchmal auch Marmelade oder Honig und Butter, soviel wie man will. Mittags ist das Essen hotelmäßig und gut gewürzt. Abends verschiedenes.
Die Freiheit ist hier bemerkenswert. Wenn nicht gerade Schule oder Essen ist, darf man tun, was man will (Hausordnung gibt es nicht).
   Die Lehrer sind hervorragend, alle ausnahmslos. Sie erklären auch dem Dümmsten alles, bis er's begreift. Im Englischlehrer besteht ein ganz krasser Unterschied zum Dr. Krebs. - Die Bücher werden alle geliehen. Ich kann keins der mitgebrachten Bücher gebrauchen, auch den Tuschkasten nicht und die Lineale u. Zirkel.
   Zum Sozialen: Wie schon gesagt, die Lehrer sind sehr freundlich - lassen sich alles gefallen, werden z.T. mir ihrem Vornamen angeredet (!). Also, mit der Schule - mir gefällt es. - Ich hatte mich sofort fest angefreundet mit dem ältesten unseres Zimmers. Die beiden Kleineren sind doof - werden zumindest von ihm so bezeichnet. Er redet von denen wohl genauso schlimm wie Wölfi über mich - beachtet sie gar nicht. "Unaussprechlich doof, kindisch, geistig auf einer unteren Entwicklungsstufe steckengeblieben."
   Ich verstehe mich mit dem Freund sehr gut, wir haben festgestellt, daß wir einen sehr ähnlichen Charakter haben. Wir haben heute und gestern uns im Bett bis nach Mitternacht unterhalten - über die intimsten Sachen. Ich hab's ihm auch schon gesagt, wenn ich umhergehe, und sage "cogito" (=ich denke) darf ich nicht angesprochen werden. Und manchmal interessiere ich mich nur mit eigenen Angelegenheiten und darf dann keinesfalls gestört werden. Er sieht das ohne weiteres ein. Also wie gesagt, wir verstehen uns sehr gut. - Allerdings - manchmal ist es hier langweilig. Der Freund hat sich schon viele Male den Spaß erlaubt, morgens um 4 Uhr aufzustehen, durchs Fenster zu klettern, die Dachrinne hinabzusteigen und in den Wald zu gehen um zu rauchen. Noch vor dem Frühstück, wenn die anderen im Bett liegen, ist er wieder zurück.
   Zusammengefaßt: es gefällt mir hier außerordentlich. Viel besser als zu Hause - laßt euch das gesagt sein. - Übrigens, Wölfi sagte, er wolle uns Bilder schicken - ja, die bei uns sagen, "er solle die Aquarelle schicken". Also drei Aquarelle auf Papier. Schüß.  T.L.

In Wirklichkeit war ich gar nicht so zufrieden, oder ich war es jedenfalls sehr bald nicht mehr.

 


Schüchtern und hochmütig zugleich. In seinen Memoiren erzählt Tennessee Williams von einer Phase der "geradezu krankhaften Schüchternheit" in seiner Jugend: "Ich errötete, sobald mir jemand in die Augen sah, als hütete ich hinter ihnen ein schreckliches oder anrüchiges Geheimnis." Diese Phase soll vier oder fünf Jahre gedauert und ihn auch in der Klasse sehr behindert haben.

Mit mir stand es ähnlich. Bezeichnenderweise war es nie der strafende oder mißbilligende Blick, der mich beschämte, sondern vielmehr der wohlwollende. Und vor Allem beschämte mich die Anwesenheit von zufälligen Zeugen dieser Blickbegegnung. Dieses scheinbare Im-Mittelpunkt-stehen war mir äußerst peinlich. Aber warum? Angesichts meines hohen Selbstwertgefühls war das absurd, denn eigentlich fühlte ich mich als etwas Besonderes, auch weil ich Bücher las, die andere erst an der Universität lesen. Demnach hätte ich die Bewunderung oder Liebe anderer Menschen genießen und dies auch zeigen dürfen; stattdessen aber signalisierte mein Gesicht eigenmächtig nicht Freude, sondern die Röte der Scham. Zum Erleben des Peinlichen kam folglich noch die innere Wut über dieses - vermeintlich falsch eingestellte - Reaktionsmuster hinzu.

Reichlichen Anlaß hierfür boten die gemeinsamen Mahlzeiten im Aufenthaltsraum. Wir waren Jungen und Mädchen, also gemischt. Die Älteren redeten meist miteinander, wobei einige Kameraden sich durch ein bemerkenswertes Selbstbewußtsein auszeichneten. Solange sie damit die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zogen, war für mich alles bestens. Aber nur zu oft gab es auch "Augenblicke", das heißt Momente, wo irgendwer, meist einer der am Gespräch nicht Beteiligten und insofern Unterbeschäftigten, mir in die Augen blickte. Daß dies absichtslos geschah, war mir klar. Gleichwohl schaltete mein - vermeintlich falsch eingestelltes - Programm sofort auf Rot, entsprechend der Aussage: "Alle mal hergucken!" Wenn der Reizauslöser dann taktvoll wegschaute, so änderte das nichts mehr an der für mich peinlichen Situation.

In der ersten Zeit war meine Schüchternheit bei Tisch so ausgeprägt, daß ich, um ein beginnendes Erröten abzublocken, in die Trickkiste griff und etwa ein Taschentuch zog und mich schneuzte, um einen Vorwand zu haben, das Gesicht zu bedecken. Oder ich stand plötzlich auf und ging hinaus, in der Hoffnung, dies würde als ein notwendiger Gang zum Pissoir interpretiert. Natürlich kam ich, meist "unverrichteter Dinge", schnell wieder zurück, und damit war ich wieder Herr der Situation. Möglich ist, daß der Grund meines Verhaltens nicht verborgen blieb, aber ich wurde nie danach gefragt. Mit zunehmendem Selbstbewußtsein und kühlerem Blut verlor sich die Notwendigkeit derartiger Ersatzhandlungen. Anders war es, wenn ich eine Versammlung in der Aula verpaßt hatte und genötigt war, nachträglich einzutreten. Die Tür war vorne rechts; auf jeden Eintretenden richteten sich hunderte Augenpaare. Ich zog es dann vor, draußen zu bleiben.

War ich mit nur einer Person allein, so hatte ich weniger zu befürchten, weil ich dann in einen Dialog der Worte treten und somit die Wirkung des Blickes entkräften konnte. Um Worte war ich selten verlegen, und mit Worten hat mich auch noch niemand beschämen können. Auf dieser Ebene war ich somit "unverschämt", und diesen Zug kehrte ich, wo es mir nötig erschien, auch hervor. Aus meiner heutigen Sicht habe ich damit so manchem Menschen Unrecht getan.

Wir hatten einen aufsichtführenden Lehrer, der ein Zimmer im Keller unseres Alumnats bewohnte, den Herrn Rösch. (Ich erwähne ihn namentlich, weil er längst verstorben sein dürfte.) Es war ein großer, massiger älterer Herr, mit stark bayrischem Dialekt, fachlich kompetent, aber in seinem Lebenslauf offensichtlich gescheitert. Anfangs war er mir sehr zugetan, vielleicht auch, weil er selbst in einer mißlichen Lage war. Jedenfalls befragte er mich nach meiner häuslichen Situation, und als ich ihm sagte, daß mein Vater viel zu früh gestorben war, sagte er mitfühlend: "Ja, das ist hart." Damit bezeugte er das Verständnis, nach dem ich im Grunde verlangte. Dessen ungeachtet konnte ich mich sehr bald nicht enthalten, mich an Bosheiten meiner Kameraden gegen ihn zu beteiligen. Diese Bosheiten, anders gesagt, der vereinte Wille, ihn zu sticheln und zu ärgern, hatte er durch sein unbeholfen-polterndes Wesen provoziert, aber sicher nicht verdient. Daß gerade ich mich darin besonders hervortat, hat ihn tief enttäuscht, ja verletzt, wie ich später erfuhr.

Auch den Alumnatsleiter, Herrn Clausen, habe ich auf diese Weise zuletzt enttäuscht, wie man mir mitteilte. Er war von Anfang an betont rücksichtsvoll mir gegenüber, was seinem stark cholerischen Temperament eigentlich widersprach und ihm wahrscheinlich viel Selbstbeherrschung abforderte. Anderen gegenüber soll er geäußert haben, daß ich seelisch krank sei und besonders behandelt werden müsse. In der Tat behandelte er mich wie ein rohes Ei. Da hatte er wohl auf den Bericht des Dr. Krebs rekurriert und somit auf meine Selbstbeschreibungen diesem gegenüber. Der Eindruck, den mein Verhalten erweckte, mußte ihm das Urteil allerdings bestätigen. Natürlich war mir diese Vorzugsbehandlung angenehm; anderseits hatte sie aber den Beigeschmack einer Herabstufung meiner Zurechnungsfähigkeit. Wie dem sei, es war ein respektables Bemühen, meiner Eigenart pädagogisch gerecht zu werden.


Seltsame Gewohnheiten. Wie schon im Kapitel zur Kindheit beschrieben, verband sich mein bewegtes Innenleben mit dem Drang zu laufen. Solange ich dabei einen vorgeschriebenen Weg zurückzulegen hatte - etwa zur Schule -, und dabei nichts "passierte", fiel dieser Zusammenhang nicht weiter auf. Da mich die innere Aktivität aber von der Außenwelt völlig ablenkte, passierte häufig doch etwas, und sei es nur, daß ich Menschen, die mich grüßten oder meinen Gruß erwarteten, übersah. Das geschah sogar im Alumnat. Ich entsinne mich, wie Herr Clausen mir einmal vorwarf, in wenigen Minuten dreimal an ihm vorbeigelaufen zu sein, ohne ihn zur Kenntnis genommen zu haben. Einmal muß ich auf der Treppe fast mit ihm zusammengestoßen sein, denn ich wurde aufgeschreckt durch seinen Zuruf: "Jetzt hast du mich aber gesehen!"

Zu Spaziergängen in Wald und Feld war nicht immer die richtige Zeit. Besonders abends tat ich das, was ich noch heute tue: Im Zimmer auf- und abzulaufen. In Verkennung dessen, was in mir vorging, verglichen einige Kameraden mich mit einem gefangenen Tier. Das Wort "Stumpfsinn" fiel. Es war auch unvermeidlich, daß ich ihnen mit meinem automatisierten Bewegungsritual auf die Nerven ging. Das wurde mir erst viel später klar, als ich während einer Busfahrt einen nahen Sitznachbarn hatte, dessen Hände ständig die gleichen bizarren Bewegungsmuster vollführten, während er sich mit einem imaginären Gesprächspartner zu amüsieren schien. Nach einiger Zeit machte mich dieser Anblick beinahe wütend!

Zu einer Art Demonstration geriet mir der zwanghafte Bewegungsdrang auf dem Schulhof. Dort war, als Teil eines Ballspielfeldes, eine weiße Linie aufgemalt. Sie bot sich als Steuerungselement meines Bewegungsdranges, als Leitlinie sozusagen, gerade zu an, weil sie mir gestattete, meine Aufmerksamkeit für die Umgebung auf ein Minimum zu senken. An Gesprächen und Spielen mit den Kameraden hatte ich ohnehin wenig Interesse; ihr oft vulgärer Ausdruck stieß mich ab. Ich hatte zu tun, meine philosophische Lektüre innerlich zu verarbeiten, ja eigene Bücher zu konzipieren. Das war ein erhebendes Spiel - für mich selbst.

So einfach war die Sache nun aber doch nicht, denn es ist klar, daß ich mit diesem Verhalten auffiel und Andere zu Spott und Neckereien herausfordern mußte. Das war mir durchaus unangenehm, aber nun regten sich mein Hochmut und mein Durchsetzungswille. Ich wollte mich nicht "fremdbestimmen" lassen und blieb hartnäckig bei meiner mir angenehmen Gewohnheit.

Eine weitere Gewohnheit, mit der ich die Kameraden im Hause nervte, war mein Drang zu pfeifen. Es waren sehr häufig immer die gleichen Melodien, die ich von kursierenden Jazz-Schallplatten übernommen hatte. Zudem pfiff ich damals ziemlich schlecht, gleichwohl aber zwanghaft. Rückblickend frage ich mich, warum mir von den Schülern oder Lehrern keiner nahegelegt hat, das Singen zu lernen oder gleich ins Singalumnat zu wechseln. Die Einrichtung hatte nämlich eine Kantorei. Aber vielleicht hätte ich es gar nicht gewollt oder beim bestem Willen nicht gekonnt.


Musikalische Eindrücke. Zu jeder Zeit meines Lebens waren es Melodien, welche in mir die lebhaftesten - und schönsten - Erinnerungen auslösen konnten. Einer meiner Zimmerkameraden pflegte unter der Dusche Volkslieder, aber auch sentimentale Schlager von Freddy Quinn, laut zu singen. Noch viel später, wenn ich sie zufällig aufs Neue vernahm, konnten sie glücklich verklärte Bilder an diese Zeit wachrufen.

Ein wahres Bildungserlebnis bedeutete mir die Besprechung von Webers "Freischütz" im Musikunterricht von Herrn Wiemer. Er spielte uns die Oper per Schallplatte vor - ob ganz oder in Teilen, weiß ich nicht mehr; jedenfalls blieben mir eine Reihe der schönen Melodien im Gedächtnis auch dann noch, als ich sie nicht mehr mit ihrem Ursprung zu verbinden wußte. Diese Begeisterung konnte ich vor wenigen Jahren auch in meinem Sohn erwecken, und noch in den Tagen, da ich dies Kapitel schreibe (Mai 2011) habe ich mir zwei neue Freischütz-Aufnahmen besorgt.

Wie für Einrichtungen der Evangelischen Kirche üblich, gab es auch einen Posaunenchor, der hier von einem Sohn des Pfarrers geleitet wurde. Nachdem mir im November 1965 ein älter Mitschüler eine (ventillose) Fanfare zur Verfügung gestellt hatte, an der ich meine ersten Blasversuche machen konnte, brachte mir besagter Pfarrersohn das Spiel nach Noten auf der Posaune bei. Diese Musik hat mich zwar nie innerlich angesprochen. Aber wenigstens mußte ich mich, als Nichtsinger, jetzt nicht mehr aufs Pfeifen beschränken. Herr Clausen veranlaßte, daß ich einen Schlüssel für den Heizungskeller der Turnhalle bekam, wo ich dann auf der Posaune eine Art musikalischen Kraftsport betreiben konnte. Gelegentlich kam jemand vom nahe gelegenen Laubach-Kolleg herein, um sich zu beschweren. Ich hörte nicht auf ihn.

Einer meiner Zimmernachbarn hatte einen Plattenspieler. Unter seinen Schallplatten war eine solche mit Aufnahmen von der George Lewis Ragtime Band aus dem Jahre 1954, darunter "Ice Cream". Es handelte sich um New Orleans-Revival Jazz, der mir sofort zusagte. Eine Neuauflage dieser Platte besitze ich noch, und ich höre sie auch heute noch gerne.

Während der Heimfahrt-Wochenenden nutzte ich öfters die Umsteigezeit in Gießen, um dort in einem kleinen Musikladen in Bahnhofnähe nach Jazzplatten zu suchen. Es gab dort noch diese kleinen bunten Single-Platten der Firma Storyville (Storyville ist ein Viertel von New Orleans). Eine von ihnen, knallgelb eingefärbt, beinhaltete das Lied Cielito Lindo, hier unter dem Titel "Ai Ai Ai", eingespielt 1959 von Papa Bues Viking Jazzband. Diese Aufnahme bescherte mir eine der beseligendsten Erlebnisse meines Wachbewußtseins. Angekommen in Bonn, hörte ich sie während des Wochenendes unzähligemale ab.

Es muß verwunderlich, ja befremdlich wirken, wenn ich sage, daß diese Aufnahme in mir Empfindungen auslöste, wie sie sonst nur in Zusammenhang mit anerkannten Meisterwerken der musikalischen Klassik (Beethoven, Bruckner usw.) geäußert werden. Es ist auch insofern befremdlich, als der Trompeter, den ich viel später aufsuchte, um ihm die Wirkung des Stückes auf mich mitzuteilen, das eher belustigend fand. Der Klarinettist äußerte sich ähnlich. Man war, als man das Stück spielte, in alkoholisierten Zustand, sagten sie. In der Tat wirkt es auf mich - heute noch! - "berauschend". Auf jeden Fall hat es nicht nur mein musiktheoretisches Interesse angestoßen, sondern meinem Denken, Fühlen und Wollen insgesamt Orientierung gegeben. Dazu Näheres an anderer Stelle.


Ein privates Studium. Anders als die Schulaufgaben nahm ich meine Lektüre philosophischer und psychologischer Werke sehr ernst. Das monatliche Taschengeld von 30 Mark erlaubte es mir, fortwährend neue Bücher zu bestellen. Aus Bonn hatte ich bereits eine Reihe von Büchern, vor Allem aus dem Gebiet der Psychologie und Psychotherapie, mitgebracht. Unter ihnen haben mich einige Schriften von Ludwig Klages, darunter "Handschrift und Charakter" und "Mensch und Erde" - und hierin besonders die Lebensbeschreibung von H.E.Schröder (Nachwort) - sehr stark angeregt. Das gilt auch für Erich Neumanns "Ursprungsgeschichte des Bewußtseins", welches die Überwindung des Matriarchats oder der Großen Mutter durch die mythischen Helden im Sinne der Psychologie von C.G.Jung beschreibt. Ernst Kretschmers "Körperbau und Charakter" faszinierte mich. Ein damaliges Standdardwerk war "Aufbau der Person" von Philip Lersch. Ich schätzte es nicht zuletzt wegen der angenehm klaren Sprache.

Während der Sommerferien 1965 kaufte ich in Flensburg (wir verbrachten unsere Sommerferien immer an der Förde bei Verwandten) Husserls "Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie, Band 1". Aus meiner heutigen Sicht ist das ein ziemlich ungeeigneter Einstieg in die Philosophie. Tatsächlich bereitete mir die Lektüre große Schwierigkeiten, die ich auch mit äußerster Energie und Verbissenheit nicht überwinden konnte. Über die ersten fünfzig oder hundert Seiten bin ich folglich nie hinausgekommen. Die ständige Anstrengung bereitete mir ein Wechselbad von Verzweiflung und Hochgefühl - vermutlich so wie einem Sportler, der die Grenzen seiner Kraft immer weiter hinauszuschieben sich bemüht. Ganz umsonst war die Lektüre somit nicht.

Als Nächstes kam ich auf die Schriften von Nicolai Hartmann. Das war eine gute Wahl, denn diese Schriften sind in einer sehr klaren Sprache gehalten, ausgezeichnet untergliedert, und sie geben insgesamt einen fast vollständigen Überblick über alle Themen der Philosophie. Als Erstes las ich die "Grundlegung der Ontologie"; weiterhin "Der Aufbau der realen Welt", "Philosophie der Natur" und "Das Problem des geistigen Seins". Mein Studium war planmäßig: Ich nahm mir vor, jeden Tag ein bestimmtes Pensum an gelesenen Seiten abzuleisten. Dafür benutzte ich auch die Zeit, welche für die Erledigung der Hausaufgaben vorgesehen war. Wurde ich durch aufsichtführende Lehrer in der Lektüre unterbrochen und schaffte ich den Rest bis zur Schlafenszeit nicht, so stand ich nachts auf und ging in den Bastelraum, den ich verwaltete. Er befand sich im Keller unweit der Dusche. Dort holte ich die fehlende Lektüre nach.

Das während meiner Internatszeit letzte philosophische Buch, mit dessen Lektüre ich im Jahre 1969 allerdings nicht ganz fertig wurde, war Heideggers "Sein und Zeit". Im Vergleich zu Husserls "Ideen" war es durchaus gut lesbar.


Schulisches Versagen und Relegation. Dieses Studium war für mich "erhebend"; es gab mir das Gefühl, irgendwie ein besserer Mensch zu sein als andere. Demgegenüber war mein schulischer Ehrgeiz nicht sehr ausgeprägt, außer dort, wo es mich ohnehin keine große Anstrengung kostete, nämlich im Fache Deutsch. Wahrscheinlich hat sich meine philosophische Lektüre, auch die heimliche während der Nacht, für dieses Fach günstig ausgewirkt. Für andere Fächer galt das natürlich nicht. Insbesondere für die englische Sprache empfand ich geradezu Verachtung, und ich empfinde sie heute noch. (Wie vulgär klingt etwa das englische Wort für Kultur - "Kaltschä" -!) Zwei Jahre (Quinta und Obertertia) hatte ich bereits wiederholen müssen; jetzt kam - nicht überraschend, dies aber nur in seinen ersten zwei Absätzen! - folgender Brief:

Korth an Eva Lentze

 

Interessant an diesem Schreiben ist die zweite Hälfte, d.h. der dritte und vierte Absatz. Worin bestand dieser "sehr schwere Verstoß"? Im Grunde war es eine Bagatelle: Einige Tage vor den Osterferien, d.h. vor der Klassenkonferenz, bin ich nachts ausgestiegen, um mich gegen 2 Uhr mit einem Kameraden aus dem Paul-Gerhardt-Alumnat und einem anderen Kameraden aus dem Singalumnat inmitten von Laubach zu treffen. Zu dritt gingen wir etwas spazieren; dann trennten wir uns wieder. Im Grunde ist nichts geschehen, was einer Erwähnung wert gewesen wäre. Das Ganze war eine Art Mutprobe.

Als ich zu Ferienbeginn in Bonn eintraf, hatte meine Mutter schon auf das Schreiben reagiert und mich abgemeldet. Sie bereute es jedoch schnell, als ich ihr den wahren Sachverhalt erklärte. Darauf schrieb sie folgende Antwort, die ich, der Schwerlesbarkeit des Originals wegen, als Abschrift wiedergebe:

 

Eva Lentze

53 Bonn, d.4.4.1969
Hirschgasse 6

Herrn
Oberstudiendirektor Dr.Korth
6312 Laubach/kr.Gießen
Paul-Gerhardt-Schule

 

Sehr geehrter Herr Dr.Korth!

Ich möchte hiermit meinen Entschluss, meinen Sohn Thomas von Ihrer Schule abzumelden, widerrufen.

Ihr Brief hatte mich in einen solchen Schock versetzt und durch seine Form auch eingeschüchtert, dass ich zu klaren Überlegungen nicht fähig war, sondern die von Ihnen "empfohlene"Abmeldung schrieb und Ihnen zusandte.

Inzwischen habe ich über den Inhalt Ihres Briefes nachgedacht, mich mit Thomas unterhalten und auch Erkundigungen eingezogen.

Dem Beschluss der Konferenz, den Alumnatsplatz zum Ende des Schuljahres zu kündigen, muss ich mich fügen. Es erscheint mir jedoch zweifelhaft, ob ein nächtlicher Ausgang zusammen mit anderen Jungen, ein jugendliches Abenteuer also, die allerschwerste Schulstrafe rechtfertigt. Die Verweisung eines Schülers von einer Lehranstalt stellt eine so schwere Strafe dar, dass man sie nur bei gröbsten Verfehlungen, und wenn keine Besserung zu erwarten ist, ausspechen darf.

Zudem hätten wir durch eine Verweisung von der Schule mitten im Schuljahr erhebliche Nachteile und Schwierigkeiten, sodass ich mich mit allen meinen Möglichkeiten gegen einen solchen Beschluss wehren werde.

Sehr erstaunt hat mich Ihre Feststellung, dass Thomas einen immer (!) zu bemerkenden Mangel an Einfühlungsvermögen im Hinblick auf ein Gemeinschaftsleben, wie es ein Alumnat darstellt, hat erkennen lassen. Als ich vor 2 Jahren zu einem Elternsprechtag in Laubach war, habe ich von seinen Lehrern Spanner, Schneider, Bösch, Fröhlich, Grull und Frau Didberner geradezu erstaunlich gute Urteile gehört. Auch Herr und Frau Clausen hatten auf meine ausführlichen Fragen nichts an Thomas auszusetzen. Er halte sich zwar abseits, sei aber ein guter Kamerad, von den Mitschülern geachtet und benähme sich unauffällig. Ich war damals mit Herrn und Frau Hedde, sowie mit Frau Blackburn in Laubach, die sich sicher noch an meine Freude über diese Lehrerurteile erinnern werden.

Wenn Thomas sich seitdem so geändert haben sollte, warum habe ich dann nichts davon erfahren?

Ich habe keine Mitteilung über Schulstrafen erhalten!

Wenn Sie die nächtliche Entfernung aus dem Alumnat als Zweitfolge anderer Verfehlungen werten, so muss ich hier Einspruch erheben, denn abgesehen von den schlechten Schulleistungen und gelegentlichen Störungen des Unterrichts, wie sie oft von Heranwachsenden verursacht werden und gerechterweise entsprechend bestraft werden, ist mir anderes nicht bekannt.

Zu Hause hat Thomas sich nicht verändert. Im Übrigen liegt die Erziehung in diesem Fall ohnehin in den Händen der Schule, und das eventuelle Resultat darf nicht allein den Eltern angelastet werden.

Ich bitte Sie hiermit, Ihre anscheinend schon gefällte Entscheidung noch einmal zu überprüfen. Vielleicht finden Sie doch noch eine Möglichkeit, Thomas bis zum Schuljahresende auf der Schule zu belassen. Sollte dieses nicht möglich sein, behalte ich mir weitere Massnahmen vor.

Einem Brief von mir an einen Mitschüler, datiert vom 2. April 1969, entnehme ich, daß die beiden beteiligten Kameraden in ihren jeweiligen Alumnaten getrennt voneinander verhört worden sind und Protokolle schreiben und signieren mußten. Das war am Freitag abend, dem 28. März. Beidemale mußten sie ihr Protokoll neu schreiben, unter Androhung der Konfrontation mit Zeugen des Geschehens. Mich fragte Herr Clausen am nächsten Morgen beiläufig beim Frühstück, ob ich in jener Nacht aus dem Fenster gestiegen und mich mit den Kameraden getroffen habe. Ich bejahte beides.

Damit ist aber immer noch nicht erklärt, worin der "sehr schwere Verstoß" bestanden haben soll. Wie hätte der Vorwurf gelautet, wenn er, im Falle eines Rechtsstreites, hätte konkretisiert werden müssen? Ich habe nur eine Vermutung, und die geht in Richtung des Themas sexuelle Verführung. Ich war nämlich in den Schüler aus dem P.G.-Alumnat heimlich verliebt. Das war eine verspätete Pubertäts-Episode, der ich heute, wenn ich dergleichen etwa bei meinem Sohn wahrnehmen würde, keine große Bedeutung beimessen würde.

Aber so heimlich war die Sache nun auch wieder nicht. Ich hatte nämlich den Wunsch, mich von anderen Menschen möglichst zu unterscheiden. Wenn es darum ging, einen Unterschied herauszukehren, so habe ich, in krassem Gegensatz zu meiner Schüchternheit im Blickkontakt, auch nie irgendwelche Hemmungen gehabt. Ob ich zu diesem Zeitpunkt allerdings etwas Derartiges habe verlauten lassen, das weiß ich nicht. (Spätestens zum Ende des Jahres war ich allerdings so weit, daß ich mich demonstrativ als schwul bezeichnete - nicht weil ich es bin, sondern weil ich es sein wollte.) Wie dem sei, ein bloßer nächtlicher Spaziergang, abgesprochen unter drei Schülern, kann allein den Vorwurf eines sehr schweren Vergehens nicht substanziieren.

Es gibt aber einen Hintergrund, der den drängenden Wunsch des Direktors, mich und einige andere aus der Schule zu entfernen, erklären kann. Im Unterricht, der auf unsere Befragungen folgte (damals gab es ihn auch am Samstag) erklärte ich meinem Deutschlehrer, Herrn Horstmann, zugleich Klassenlehrer, daß meine Facharbeit, die ich bei ihm eingereicht hatte, darauf abzielte, den Direktor zu "fällen". So jedenfalls steht es in meinem Brief an den (unbeteiligten) Mitschüler. Sollte ich das wirklich gesagt haben, oder war es nur Angeberei gegenüber dem Brief-Adressaten? Eigentlich ist es egal, denn dieser Entwurf, der dann auch in der Schule kursierte, spricht für sich. Hier ist er:

Plan zu einer Deutscharbeit an der Paul-Gerhardt-
Schule Laubach. Obersekunda. 1969

Gewidmet Herrn Dr. Korth, ohne den
diese Arbeit nicht möglich gewesen
wäre.

In der vorliegenden Abhandlung sollen die öffentlichen Bekundungen Konrad Korths in Hinblick auf neurosenpsychologische, speziell psychoanalytische Gesichtspunkte zum Thema einer Kritik gemacht werden. Unter Öffentlichkeit subsumieren wir dabei auch die Schulöffentlichkeit. Aus Gründen der Diskretion konnte leider die Privatsphäre nicht einbezogen werden, obwohl dies unsere Arbeit möglicherweise sehr erleichtert hätte.

Das Ziel der Abhandlung ist es, mittels Rekurs auf psychoanalytische Theorie die öffentliche Haltung Korths hinsichtlich ihrer pädagogischen und moralischen Rechtfertigung auf ihre Struktur hin zu analysieren. Die Methode indessen besteht darin, das Gesamt der öffentlichen Bekundungen Korths auf einen psychischen Motivationszusammenhang zu reduzieren. Die Thesen, auf die wir uns dabei stützen, sind nirgends selbst "erfunden"; sie sind auch nicht die Behauptungen einzelner Autoren, sondern Allgemeingut der Tiefenpsychologie. Wir werden daher auf einzelne Thesen verzichten und an geeigneten Stellen auf das Quellenverzeichnis verweisen.

Im Jahre 1957 veröffentlichte Korth sein Buch "Die Stunde des Elternhauses". An diesem "Erziehungsbuch", wie es im Untertitel bezeichnet wird, ist nichts, was besonders auffällig wäre. Der Inhalt steht nirgends in Widerspruch zu dem damaligen Stand der Pädagogik; andererseits wird auch nichts Neues hinzugefügt. Da der Autor seine eigene Praktik in diesem Werk mit seiner dargestellten Meinung identifiziert oder zu identifizieren sich bemüht, muß der "normale" Leser zwangsläufig den Eindruck erhalten, er habe es mit einem pädagogisch einwandfreien Erzieher zu tun.

Wenn wir uns aber einmal in der Paul-Gerhardt-Schule umsehen und während der Pausen durch die Gänge gehen, so werden wir einen Menschen ins Blickfeld bekommen, den wir uns vielleicht ganz anders vorgestellt hätten. Es ist Konrad Korth, der hier als Direktor seine Schüler - und man möchte zuweilen fast meinen, seine Kollegen - unter seine Fittiche hält. Eiskalt und hart ist der Ausdruck dieses "Pädagogen"; seine Methode ist die Einschüchterung.

Wer von den Schülern morgens an ihm vorbeigeht und ihn übersieht, riskiert, gestoppt zu werden und die scharfe Zurechtweisung zu erhalten, daß er "GutenMorgen!" zu sagen habe. In dieser für manchem peinlichen Situation nach dem Warum und nach dem Sinn einer erzwungenen Freundlichkeitsgeste zu fragen, traut sich dann kaum einer mehr. Doch wirft Korth später seinen Schülern vor, sie hätten nie den Willen gehabt, mit ihm in ein Gespräch zu kommen.

Aber, so wird mancher sagen, vielleicht ist diese Art von Pädagogik doch ganz richtig so. Es werde doch keiner vollen Ernstes behaupten wollen, daß nicht eine "gewisse" Ordnung sein müsse. Wo kämen wir denn sonst hin? Wie die "Erfahrung zeige", dürfe man Schülern noch nicht dasjenige Maß an "Reife"und Erwachsenheit zutrauen, das sie in den Stand setze, mit ihren Lehrern auf einer angeglichenen Ebene verkehren zu können.

- 1 -

 

Dieses letztgenannte Argument trifft indessen genau den Punkt, auf den es uns ankommt: man will den Schüler für dumm verkaufen, um an ihm seine Repressionen für legitimiert ausgeben zu können. Dem wird natürlich nicht unwidersprochen bleiben, und wir werden ziemlich weit ausholen müssen, um den Satz zu belegen und die dagegen ankämpfende Argumentation endgültig niederzuschlagen. Doch sehen wir uns zuvor noch einmal in der Praxis um. Ob uns die Beobachtung nicht noch einige Hinweise in die Hand geben wird, die geeignet sind, für sicher gehaltene Voraussetzungen als fragwürdig erscheinen zu lassen?

Als Beispiel nehmen wir diejenige Schülerversammlung, in der es um die bevorstehende Kündigung eines Lehrers ging, der sich mit den Schülern solidarisiert hatte und gegen den von seiten des Lehrerkollegiums Vorwürfe an die Kirchenleitung gerichtet worden waren. Das Kollegium incl. Korth war eingeladen; man sollte sich bezüglich der Vorwürfe rechtfertigen. Bevor die Diskussion über eine gewisse Frage eröffnet wurde, forderte Korth die Versammelten auf, sich jeglicher Emotionen zu enthalten. Er selbst schoß kurz danach den Bock ab mit der aggressiven Bemerkung, er wolle Herrn X gar nicht am Arsch lecken, der sei ihm viel zu unappetitlich! (Es muß darauf hingewiesen werden, daß die diesbezügliche Aufforderung des Herrn X nicht an Korth, sondern an das Lehrerkollegium gerichtet war und auch nicht gegenüber ihm, sondern vor Schülern geäußert wurde.) - Als ein Schüler sich gegen Herrn X stellte mit der ironischen Feststellung: "Jetzt ist mir alles klar", brach Korth in ein unbeherrschtes, hämisches Gelächter aus. Überhaupt ließ er während der Versammlung Bemerkungen los, die von Arroganz nur so strotzten.

Aber: sind denn nicht Eindrücke, die auf der Beobachtung der Mimik, der Gesten und aus ihrem Zusammenhang gerissenen Aussagen basieren, viel zu subjektiv, als daß sie überzeugen könnten? Ist es ferner denn nicht ganz menschlich und natürlich, daß besonders ältere Menschen, die zudem noch beruflich belastet sind, zuweilen die Nerven verlieren? Soll überhaupt die Krise an einer Schule dem Schulleiter, der doch auch nur ein Mensch ist, zu Lasten gelegt werden? Kann man eigentlich solche Argumente gegen den Bestand einer pädagogischen Liebe und Kompetenz ausspielen?

Das sind Fragen, die, indem sie sich anschicken, einen kritischen Beitrag zur Lösung des Problems beizusteuern, vermöge ihrer fahlen Abgedroschenheit die sichtbar gewordene Problematik eher zu verschleiern und bereits gewonnene Ergebnisse unter den Tisch fallen zu lassen geeignet sind. Es ist uns eine derartige Taktik in langjähriger Erfahrung mit gewissen "Lehrern" allzu vertraut, als daß wir sie nicht als das Spiel mit totgeborenen Worten impotenter Gemüter zu identifizieren vermöchten. Die zitierten Fragen werden sich sträuben, Antworten aus ihnen selbst heraus zu entlassen und sind als solche steril. Und so rekurrieren wir im Verfolg unserer Intentionen auf ein Reservoir von Antworten, auf eine Wissenschaft, der es anhand ihrer Praxis bereits unzählige Male gelungen ist, ihre "Autorität zu behaupten", sich gegen "Angriffe zu verteidigen" und mit ihnen "fertig zu werden" : das ist die Tiefenpsychologie.

"Was uns die Psychologie des Unbewußten und die Tiefenpsychologie lehrt, ist wichtig, gewußt zu werden", meint Korth. Das meinen wir auch. Nur meinen wir außerdem, daß es wichtigist, es etwas gründlicher zu wissen als Korth; denn sonst würde es ihm jetzt nicht passieren, daß wir sein eigenes Argument in die Hand nehmen werden, um damit das Rationalisierungssystem seines Irrationalismus zu liquidieren. Indessen, damit wollen wir jetzt beginnen.

- 2 -

 

"Aber Moment mal", wollen jetzt unsere Gegner einwenden. Nach dem bisher Dargestellten sähe es ja fast so aus, als ließe sich der Verfasser von Korth selbst die Säge reichen, um damit den Ast abzusägen, auf den dieser Platz genommen hat. Das sei aber irreführend, weil das entscheidende Argument noch nicht gefallen sei. Nämlich: das Buch von Korth stelle dessen Meinung so dar, wie sie wirklich ist; wenn er sich in der Praxis manchmal etwas anders verhalte, so seien erstens die Schüler daran schuld, und zweitens stehe doch der gute Wille dahinter. Das Buch entkräfte also alle wesentlichen Vorwürfe, die gegen seinen Autor erhoben werden können, und somit sei tiefenpsychologische Methode von vornherein überflüssig.

Hinter diesem "schlagfertigen" Argument steht offensichtlich die Furcht, mit eigenen Waffen geschlagen werden zu können. Und nun kommt man auf den scheinbar intelligentesten Einfall: die schriftlich fixierte Meinung Korths soll den Eindruck seiner Praxis kompensieren. Es wird sich allerdings zeigen, daß man gerade dadurch dem in die Hände fällt, dem man entgehen wollte: wir werden das Buch als Beleg für unsere Kritik, nämlich als verräterischen Selbstrechtfertigungsversuch ausweisen.

Wenn ein Mensch unter dem Druck eines übermächtigen Über-Ich (so nennt man die perverse Form des Gewissens) steht, so macht er Gebrauch von verschiedenen unbewußten Abwehrmechanismen. Er kann zum Beispiel eine neurotische Symptomatik entwickeln, die sich ebenso in körperlichen Krankheitszuständen wie in Angst, Zwangsvorstellungen, Zwangshandlungen oder in Verfolgungsideen äußern kann. Es kann aber auch zu folgendem kommen: der betreffende Mensch projiziert seine negative Identität, die in Konflikt steht mit dem Über-Ich, in andere Personen. Er selbst aber identifiziert sich mit seinem Ideal-Ich, mit dem also, was er seinem Über-Ich nach zu sein hat. Dann sieht die Sache so aus: nicht mehr er ist es, der unter der Repression seines perversen Gewissens steht und vor ihm Angst haben muß, sondern die anderen sind die Sündenböcke. Er selbst aber ist vollkommen.

Daraus folgt: sämtliche Vorwürfe, die ein solcher Mensch gegen andere erhebt, gelten ursprünglich ihm selbst. Da aber die Externalisation der Vorwürfe unbewußt erfolgt ist, weiß er nichts davon. Stattdessen baut er gegen die Möglichkeit der Bewußtwerdung einen erbitterten Widerstand auf, gegen den keine Vernunft, sondern nur noch Psychotherapie aufkommt. Wenn der Betroffene mit der Tatsache seiner unbewußten Lüge psychotherapeutisch konfrontiert wird, so steht seine Persönlichkeit vor der Möglichkeit des Zusammenbruchs. Er hat nämlich ohnehin ein ständiges dumpfes Schuldgefühl, das mit seinem tatsächlichen Verhalten in Konflikt steht. Da aber, wie gesagt, sein diesbezügliches Verhalten unbewußt ist, vermag er es nicht zu erkennen, vielmehr wird dieses Schuldgefühl in der Absicht der eigenen Entlastung auf die anderen projiziert, die jetzt dafür "bestraft" werden müssen, worauf das unterschwellige - berechtigte - Schuldgefühl sich intensiviert. So kommt es, daß dieses und das darauf bezogene Verhalten sich gegenseitig hochschaukelt.

Ein Mensch, wie er beschrieben wurde, ist ein Neurotiker. Demnach hat er noch weitere Charakteristika, an denen er als solcher diagnostziert werden kann. Die vorangegangene Beschreibung galt der Perversion des Gewissens, die ihn unausweichlich in die Schuld treibt. Recht deutlich beim Neurotiker ist zuweilen die Perversion des Macht- und Geltungsanspruches zu erkennen. Sie beruht auf dem Konflikt zwischen dem, was man kann, und dem was man können will. Der Betroffene hat eine tief verborgene Angst und Verlorenheitsstimmung. Darauf baut er kompensatorisch - um der Unerträglichkeit der Angst zu entgehen - einen absoluten Machtanspruch auf, auch vor Leuten, bei denen er es nicht nötig haben sollte (z.B. gegenüber den Schülern.). Er selbst glaubt sich dann auch tatsächlich omnipotent und ist sich nicht darüber im Klaren, daß seine Herrschsucht verdeckte Schwäche ist. Das verhindert der Widerstand, dessen plötzliche Beseitigung ebenfalls einen Zusammenbruch der Persönlichkeit bedeuten würde.

- 3 -

 

Ein weiteres Charakteristikum des Neurotikers ist die Perversion des Liebesbedürfnisses. Es eignet ihm ein primitiver Narzißmus (Selbstliebe), der auf dem Konflikt zwischen Verlassenheitsstimmung und Mißtrauen gegenüber Liebe, die ihm von anderen entgegengebracht wird, basiert. Ein solcher Mensch ist aufs empfindlichste gekränkt, wenn ihm nicht das bedingungslose Vertrauen, das er unbewußt ständig fordert, entgegengebracht wird. Die Perversion zeigt sich - abgesehen vom unbewußten Absolutheitsanspruch - darin, daß dieses Vertrauen in der Forderung nach blindem Gehorsam gesucht wird - z.B. gegenüber Untergebenen und Schülern. Auch hinsichtlich dieses Charakteristikums wird der Neurotiker infolge des Konflikts niemals die Perversion zugeben.

Das alles sind Züge, die nach außen hin zuweilen teilweise verdeckt sein können; in der Psychotherapie treten sie jedoch in massiven Formen zutage. Es ist außerdem festzuhalten: in der pädagogischen Situation ist der Neurotiker Übertrager. Das bedeutet, daß sein pädagogischer Einfluß - der jetzt gar nicht pädagogisch genannt werden darf - pervertierend und damit neurotisierend wirkt auf andere. Weiterhin läßt sich die Sache unter theologischen Aspekten interpretieren. Dabei ergibt sich: der Neurotiker verabsolutiert sein Objekt, indem er es zu seinem Götzen macht, identifiziert sich mit Gott und macht sich schuldig. Die Schuld trifft ihn trotz der Unbewußtheit seines Verhaltens.

Wir sind nunmehr vorbereitet, im Verfolg unseres Zieles und unter Einhaltung der Methode den entscheidenden Schritt zu machen. Wir setzen Korth und die oben angegebene Charakteristik des Neurotikers in Parallele und postulieren:

Die öffentlichen und schulöffentlichen Bekundungen Korths basieren auf einer neurotischen Persönlichkeitsstruktur, wie sie beschrieben wurde. Das Buch von Korth spricht nicht dagegen, sondern dafür, und zwar umso mehr, als es dagegen zu sprechen scheint, insofern es eine Externalisation des Ideal-Ichs darstellt. Der pädagogische Einfluß ist neurotisierend. Korth ist in theologischem Sinne schuldig zu sprechen (die Sünde wider den Heiligen Geist). Jede Verteidigung Korths ist als Selbstanklage zu werten und steht mit ihr in proportionalem Verhältnis.

Die formulierten Postulate haben Gültigkeit unter zwei Bedingungen: daß die behauptete Identifikation auf adäquater Beobachtung beruht und daß die zugrundeliegende tiefenpsychologische Theorie zurecht besteht. Die Kontroverse besteht zwischen diesen beiden Bedingungen einerseits und einer hier ansetzenden möglichen Kritik anderseits. Diese Kritik differenziert sich in die neurotische (Widerstand) und in die rechtmäßige. Die neurotische Kritik wurde unter die tiefenpsychologische Theorie subsumiert und dadurch liquidiert. Auf die zu Recht bestehende Kritik aber warten wir noch. Sie wird nicht von einem Neurotiker gegeben werden können.

 

Quellenangaben:
S. Freud: Ges. Werke, u.a. Bd. X, S.Fischer Verlag
A. Freud: Das Ich und die Abwehrmechanismen, Kindler
K. Horney:Der neurotische Mensch unserer Zeit? Kindler
Unter theologischen Gesichtspunkten: W.Daim: Umwertung der Psychoanalyse, Herold
Schultz-Hencke: Lehrbuch der analytischen Psychotherapie, Thieme
E. Richter: Eltern, Kind und Neurose, Rowohlt
R. Heiß: Allgemeine Tiefenpsychologie, Huber
L. Binswanger: Ausgewählte Aufsätze, Francke
E. Kretschmer: Psychotherapeutische Studien, Thieme

- 4 -

Indem ich diesen Text jetzt wieder lese, wirkt er auf mich in seiner philosophisch verschraubten Polemik grotesk. Ganze Absätze sind fast wörtlich abgeschrieben aus Heideggers "Sein und Zeit", das ich damals studierte. Der Pluralis Majestatis ist übernommen von Klages. Stilistische Vorbilder sind beide nicht. Selbstverständlich ist auch kein test- oder tiefenpsychologischer Patronengürtel nötig, um einen Menschen zu charakterisieren und evtl. unbewußte Motive zu "entlarven". Jeder gute Personalchef kommt ohne dergleichen aus.


Anmerkung: Die Gutachten familiengerichtlich bestellter "Sachverständiger" unterschreiten oft noch mein damaliges Niveau. Eines der psychologischen Gutachten in meinem laufenden Sorgerechtsprozeß war dermaßen peinlich durch sein pseudowissenschaftliches Imponiergehabe (unverständliches Fremdwörtergerassel, aufgeblasenes Literaturverzeichnis etc.), daß ich das Gericht davon überzeugen konnte, diesen "Fachmann" (es handelt sich um Thomas Busse) nicht weiter zu berücksichtigen.


Wie dem sei, ich frage mich heute, wie ich ein solches Pamphlet als Facharbeit einreichen - und wie ich die Loyalitätspflicht eines Lehrers zu seinem Vorgesetzten so völlig übersehen konnte. Selbst für einen 19-Jährigen war ich reichlich naiv!

Hatte Herr Korth mir Anlaß gegeben, daß ich ihn mir derart "vorknöpfte"? Nein. Ich kam in keine nähere Berührung mit ihm. Wo ich ihn zu sehen und zu hören bekam - das war meist in der Aula mit irgendwelchen Ansagen -, wirkte er auf mich allerdings lieblos, selbstgerecht und eitel. Derart negative Eindrücke habe ich von keinem anderen Lehrer. Vielleicht wäre mein Bild von ihm ein anderes geworden, wenn ich ihn näher kennengelernt hätte, etwa im Unterricht. Wenn ich ihn mit obigem Pamphlet verunglimpfte, so tat ich das mehr als Mitläufer der Protestbewegung an der Schule, und aus dem rücksichtslosen Willen, mich rhetorisch zu profilieren. Der politische Hintergrund der Proteste blieb mir verschlossen und hat mich auch nie tiefer interessiert.

Über den Ursprung dieser Protestbewegung gibt diese Netzseite Auskunft, auf die ich erst jetzt (Juni 2011) aufmerksam wurde. Klicken Sie auf: "Geschichten aus dem Vormärz .... Die Korth'sche Autorität im Zerfallsprozess" ! Der dort erwähnte Mitschüler, "Bobbes" genannt, war zeitweilig mein Sitznachbar, doch wußte ich um das Geschehen damals nicht. Selbst war ich zunächst ein Trittbrettfahrer, dann aber unverhofft auch Multiplikator. Es kam zu öffentlichen Tumulten. In Zeitungsberichten, die mir jetzt durch einen ehemaligen Mitschüler in Kopien zugesandt wurden, sind die Vorgänge beschrieben worden. Die mich betreffenden Passagen sind grau hinterlegt:

Zeitungsausschnitt 1
 

Mit Herrn Dr. Korth führten die Zeitungsleute ein extra Gespräch. Auch hier ist der mich betreffende Teil grau hinterlegt. Beachten Sie darin insbesondere den letzten Satz!

Zeitungsausschnitt 2

"Entscheidend war jedoch sein Einfluß auf die Kameraden im Alumnat." Schade, daß der Interviewer nicht nachgefragt hat! Ich war ja extrem introvertiert und schüchtern, zudem politisch gänzlich uninteressiert. Die Behauptung, daß von mir ein starker Einfluß auf meine Kameraden ausgegangen sei, ist insofern lächerlich. Mein Eindruck ist, daß das "Gespräch" im Nachhinein stark redigiert wurde und nur diejenigen Formulierungen belassen worden sind, die von Dr. Korth gewünscht waren.


Epilog. Es war nicht mangelnde Intelligenz, die mich zum schulischen Versager machte. Wenn es so wäre, dann hätte ich nicht im Jahre 2004 mein Abitur im regulären Zeitrahmen nachgeholt, mit der Gesamtnote 1,9. Nun mögen die Anforderungen heute geringer sein, und dies zumal auf dem Abendgymnasium. Anderseits sollen die Gedächtnisleistungen in diesem Alter durchschnittlich auf etwa 50% zurückgehen. Für Letzteres habe ich zwar keine Anhaltspunkte, aber jedenfalls war ich durch einen laufenden Sorgerechtsprozeß ständig emotional beansprucht, und habe dennoch gut abgeschlossen. Mein Versagen in Laubach muß also andere Gründe gehabt haben.

Heute ist man geneigt, die Ursachen für schulisches Versagen in den Erziehern oder im "System" zu suchen. Es gibt jedoch niemandem, dem ich einen Vorwurf machen könnte. Alle, die mit mir zu tun hatten, haben sich tadellos verhalten. Meine Sonderbehandlung durch Herrn Clausen habe ich schon erwähnt.

Ich trage nach, daß ich bereits im ersten Laubacher Jahr meine Mutter gedrängt habe, mir Gespräche mit einem Psychotherapeuten zu ermöglichen. Sie gab schließlich nach, so daß ich während der Ferien für eine Zeitlang eine Praxis aufsuchen konnte. Ich mußte dem Mann meine Träume erzählen, durfte natürlich überhaupt viel reden und tat dies auch. Ebenfalls wurden Tests gemacht. Am Ende einer Reihe von Sitzungen sagte er dann aber: "Meiner Meinung hast du nichts anderes als die ganz normalen Pubertäts-Schwierigkeiten". Ich war enttäuscht. So komisch es klingt: Ich fühlte mich wie nach einem ungünstig verlaufenen Bewerbungsgespräch. Bis zuletzt hatte ich gehofft, der Mann würde in mir "etwas finden".

Aus meiner jetzigen Sicht war meine Entwicklung vorherbestimmt. Es scheint mir zugefallen zu sein, auszuweichen und abseitige Wege zu begehen, dies aber konsequent. Ich erlebe das auch im Kleinen, etwa wenn ich mir die Erledigung einer notwendigen Aufgabe vornehme: Lähmung erfaßt mich; doch dann, bisweilen im letzten Moment, ergreife ich eine Arbeit, die nicht vorgesehen war, und erledige sie mit großem Elan und gutem Erfolg.

Ursache für die heute verbreitete Neigung zu Schuldzuweisungen (von der auch ich in meiner ersten Lebenshälfte nicht frei war!) scheint mir der allgemeine Glaubens- und Vertrauensschwund in "höhere" Mächte zu sein. Unter dieser Voraussetzung werden dann Ursachen gefunden, wo keine sind. Ich sehe es als eine glückliche Wendung in meinem Leben, daß ich meine Weltanschauung erweitern konnte.

 


 

Für die Interessierten füge ich noch zwei weitere Zeitungsberichte an:

Zeitungsausschnitt 3 Zeitungsausschnitt 4

 

1967