Persönliche Seite von T.R.E.Lentze

Neugestaltung von Klarinette und Fagott.

Erste Version dieser Unterseite veröffentlicht am 8-8-2023.
Erste gedeckelte Klarinette

Im Herbst 2017 habe ich das Klarinette-Spiel, das ich über viele Jahre vernachlässigt hatte, wieder aufgenommen. Dabei wurde mir klar, daß Fehler, die mir beim Üben unterliefen, mit den zu kleinen Tonlöchern zu tun haben, und auch mit deren teilweise ungünstigen Abständen zueinander. Es passierte mir oft, daß ich die offenen Löcher im schnellen Spiel verfehlte.

Ich besann mich auf meine handwerklichen Fähigkeiten und beschloß, Abhilfe zu schaffen. Im Dezember begann ich mit der Deckelung der Tonlöcher; zu Anfang des folgenden Jahres - 2018 - war diese Arbeit erfolgreich abgeschlossen, siehe Foto rechts. Seitdem habe ich auf herkömmlichen Klarinetten allenfalls noch zu Experimentierzwecken gespielt, d.h. nicht mehr als jeweils einige Töne. Für mich hat sich die Deckelung bewährt.


Erste gedeckelte Rundrohrklarinette

Ich wollte aber noch weitergehen und eine völlig neue Klarinette bauen, und zwar nach anderen Prinzipien als bisher. Da ich keine Drehmaschine besaß, war mir klar, daß ich sie nur aus Metall würde herstellen können, denn zylindrische Messing-, Kupfer- und Alurohre sind in vielen Größen leicht erhältlich. Im August 2019 war es dann soweit. Bei diesem ersten Modell handelt sich um eine A-Klarinette.

Das Rohr ist aus Aluminium; bei den Deckeln handelt es sich um (gekürzte) Kupferkappen zum Abschluß von Installationsrohren; Hebel und Stangen sind aus Messing; der Schalltrichter - ebenfalls Messing - ist abgesägt von einem Taschen-Jagdhorn.

Das Foto zeigt Vorder- und Hinteransicht dieser Klarinette. Beachten Sie: Alle Tonlöcher haben den gleichen - im Verhältnis zum Rohr größtmöglichen - Durchmesser! Das hat eine völlige Neuberechnung der Tonloch-Abstände notwendig gemacht. Für die (relativ selten anzutreffenden) herkömmliche Metallklarinetten gilt das nicht; es sind, was die Abmessungen betrifft, reine Nachbildungen herkömmlicher Holzklarinetten.

Warum aber gleich große Tonlöcher? Bei herkömmlichen Klarinetten werden die Tonlöcher nach oben zu immer kleiner, angeblich, um eine gleichmäßige Lautstärke über das jeweilige Register zu sichern. Das hat aber den Nachteil, daß die Töne der oben platzierten Löcher nicht nur deutlich leiser sind als die von unten aufsteigenden Töne des zweiten Registers (und insofern die Ungleichheit der Lautstärke nur verlagern), sondern auch dumpfer und gedeckter klingen. Die von mir gebaute Klarinetten erklingen in jeder Lage mit der größtmöglichen Stärke und Brillianz.


Mit dieser Neuheit aber wollte ich micht nicht begnügen. Warum statt runde Klarinetten nicht auch kantige Klarinetten herstellen, aus Vierkantrohr? Mit Versuchen hierzu hatte ich schon sehr bald nach meinem Deckelungs-Erfolg begonnen, noch vor Fertigstellung meiner ersten eigenständigen Rundrohrklarinette, scheiterte zunächst aber an einer allzu ehrgeizigen Idee. Ich wollte nämlich die Kantrohr-Bauweise mit einem "Doppelflügelklappen"-Konzept verbinden. Das führte zu mechanisch sehr aufwändigen Konstruktionen, siehe Foto.

Doppelflügelklappen

Hier sind die Tonlöcher - genauer: quadratische Fenster - seitlich angeordnet, jeweils links und rechts, d.h. verdoppelt. Folglich sind auch doppelt so viele Klappen anzubringen. Bei geschlossenen Klappen ist die synchrone Öffnung kein Problem, wohingegen das synchrone Schließen geöffneter Klappen schwierig ist. Jedenfalls habe ich die Versuche nicht wieder aufgenommen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob eine Verdoppelung der Fenster aukustische Vorteile gebracht hätte.

Gleichwohl wurde mir bei diesen Versuchen klar, daß die Kantrohr-Bauweise andere Vorteile mit sich bringt. Sie legt nämlich das Ausfräsen quadratischer Tonfenster nahe, welche bei gleichem Platzbedarf einen größeren Öffnungsquerschnitt als Rundlöcher ermöglichen. Zugleich erübrigt sich das Anbringen von Tonloch-Kaminen oder von Zwirlen, welche bei Rundrohren das Abdichten sichern müssen.


Kantrix

Der Durchbruch zu einer wirklich brauchbaren Kantrohrklarinette aber gelang mir erst durch Austausch der bisher üblichen Klappenmechanik durch eine Ventilmechanik. Während Klappen eine genau ausgerichtete Drehachse benötigen, jedenfalls durch Rotation funktionieren, ist das Bewegungsprinzip bei Ventilen die Translation, also die geradlinige Bewegung. Ventile sind Schließmechanismen, bei denen das schließende Element sich parallel zum fließenden Medium bewegt.

Die Parallelführung der Ventildeckel erreichte ich durch seitlich am Kantrohr angebrachte Führungsgetriebe, eine Konstruktionsweise, die sich bei Kantrohren besonders einfach ausführen läßt. Mit diesen Neuerungen verband ich zugleich ein Stil-Prinzip: Weg vom Runden - oder Weiblichen -, hin zum Kantigen - oder Männlichen.

Am 21.01.2021 war die erste nach diesem Bauprinzip entworfene Klarinette fertiggestellt. Auf dem Foto links in der Menuleiste, am Bildrand vorne und links, finden sich Ausführungen ähnlich dieses Prototyps. Meine vorläufige Bezeichnung dieses Typs von Kantrohrklarinette lautet "Kantrix".

Klick zu einer kurzen Hörprobe dieser ersten Kantrohrklarinette.

Kantrohrmundstück

Selbstverständlich lassen sich auf Kantrohrklarinetten nicht die üblichen Mundstücke aufstecken, es sei denn mit einem speziellen Adapter. Diesen habe ich hergestellt, und mein Klarinettelehrer hat ihn auch benutzt, als er das Instrument probierte. Mir jedoch hat die Herstellung eigener, kantiger Mundstücke ein besonderes Vergnügen bereitet. Links sehen Sie ein derartiges Mundstück in drei Ansichten, noch ohne Blatt und Ligatur.

Einen Kantrix neueren Typs sehen Sie im Bild rechts.

Klick zu einer weiteren Hörprobe, mit neuerem Kantrix aufgenommen (8-9-2021).


 

Eine - nicht ganz vollständige - Zusammenstellung der von mir veränderten und der neu hergestellten Klarinetten zeigt das untenstehende Bild.

Kantrix

Darunter finden sich auch zwei Alt-, eine Bassett- und (fast direkt unter Lampe) eine Kantrohr-Baßklarinette, provisorisch von mir als "Bassix" bezeichnet. Letztere ist an den drei parallel laufenden Rohren zu erkennen.

Klick zu einer Hörprobe des "Bassix".

In obigem Audio habe ich mich auf das Chalumeau-Register (das tiefe Register, nicht überblasen) beschränkt, weil ich die höheren Töne einer Baßklarinette grundsätzlich nicht so interessant finde.


 

Erstes Kantrohr-Fagott

Ermutigt durch diese handwerklichen Erfolge, begann ich im September 2022 mit einer Neugestaltung des Fagottes. Dies erschien mir dringend nötig, denn so sehr ich den Klang des Fagottes immer schon schätzte, so sehr hinderte mich die unbequeme Griffweise (welche aufgrund der traditionellen Bauweise nicht wirklich zu verändern ist) am systematischen Üben.

C- und B-Fagott

Von Anfang an war mir klar, daß für eine Neuentwicklung nur die Kantrohr-Bauweise infrage kam. Konische Rohre sind nämlich passend nicht im Handel; Sonderanfertigungen würden sehr teuer sein; und zur Herstellung passender Dorne für das Blechformen hätte es einer Drehmaschine bedurft. Dagegen können pyramidale Rohre relativ leicht durch Aussägen von Keilen und Zusammenlöten hergestellt werden. Natürlich bietet sich dann auch die Kombination mit parallelgeführter Ventildeckeln an, so wie ich das an meinen Kantrixen praktiziert habe.

Links sehen Sie mein erstes selbst hergestelltes Fagott, ausgeführt noch traditionsgemäß in F. Im Fortgang meiner Arbeiten habe ich es wieder zerlegt, weil gerade die F-Skala meines Erachtens einen Teil des fagott-typischen Griffproblems ausmacht.

In Hinblick auf den tiefsten spielbaren Ton, das Kontra-B, ist nämlich die F-Skala zu hoch gelegt. Folglich müssen die dazwischenliegenden Töne mit beiden Daumen gegriffen werden, welche ihrerseits, bedingt durch die von ihnen geforderte Beweglichkeit, dem Instrument keinen sehr sicheren Halt mehr bieten können. Dieses Problem ist auch mit einer ansonsten neuartigen Bauweise nicht zu lösen.

Abhilfe ist nur möglich durch eine Tiefersetzung der Skala. In der Folge habe ich zunächst ein Fagott in C gebaut, das ähnlich zu spielen ist wie ein Saxophon; sodann eines in B, dessen Skala aufsteigend mit dem tiefsten Ton beginnt, also unterhalb desselben überhaupt keine Supplement-Tasten mehr benötigt, insofern ähnlich wie bei der Böhmflöte. Gemäß der chromatischen Tonleiter hat es nur noch 12 (quadratische) Tonfenster, was das Spiel sehr vereinfacht. Zum Überblasen in die höheren Naturtöne sind allerdings zwei zusätzliche Tasten nötig.

Detailbild B-Fagott

Auf dem Foto rechts sehen Sie das fertige C-Fagott, daneben das noch unfertige B-Fagott. Letzteres ist angenähert der Form eines Dulzians, mutmaßlich einem Vorläufer des Fagottes, wie es gebaut wurde im Übergang der Renaissance zum Barock. Demgemäß hat es auch eine etwas größere Öffnung. Beide Instrumente können ohne Tragegurt bequem im Sitzen gespielt werden; im Stehen ist das auch möglich, aber mit Tragegurt angenehmer. Die zugehörige Öse liegt, anders als beim herkömmlichen Fagott, ungefähr am Schwerpunkt. Finger- und Hände-Abstände sind rein ergonomisch ausgerichtet.


Im Bild links sehen Sie einen Ausschnitt des am 3-8-2023 fertiggestellten B-Fagottes. Es zeigt die Tasten für beide Hände. Die Tasten sind zur besseren Griffsicherheit gerundet; ursprünglich handelt es sich um Kleiderknöpfe, welche auf die eigentlichen Griffplatten aufgelötet sind.

Klick zu einer Hörprobe des B-Fagott (27-1-2011).

Offen gesagt: Im Vergleich zur Aufnahme mit dem "Bassix" gefällt mir der Klang der Baßklarinette besser. Das mag vor Allem daran liegen, daß ich auf dem Fagott ziemlich ungeübt bin; ein Profi würde es schöner spielen. Aber grundsätzlich gilt, daß die Töne des Fagottes wegen seiner sehr engen Mensur und wegen des Doppelrohrblattes nur schwer zu modellieren, also ziemlich starr sind, und daß der Dynamikumfang sehr begrenzt ist: wischen Abbrechen und "Herausknallen" eines Tones ist wenig Abstand.

Wie dem sei, ich glaube, mit diesem Instrument meine Arbeiten zur Neuentwicklung herkömmlircher (Holz-)Blasinstrumente im Wesentlichen abgeschlossen zu haben. Andere Instrumente dieser Art, so etwa das Saxophon, sind bereits dermaßen entwickelt und vervollkommnet, daß ich an ihnen nichts verbessern könnte.

Für Details, insbesondere was die Herstellung betrifft, schauen Sie auf meine Netzseite Klarinettenkunst!